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Der Lichtträger

„Was machst du hier? Das ist Sperrzone, die von Jimbuna nicht betreten werden darf. Weis dich aus!“

Der herrische Befehlston des Postens ließ Romino kalt.

Er gab ihm seine Papiere und sagte bestimmt: „Ich möchte deinen Vorgesetzten sprechen. Ich habe wichtige geheime Informationen.“

Der Posten, der inzwischen Rominos Identität festgestellt hatte, meinte dazu nur salopp:

„Meinen Vorgesetzten wirst du zu spüren bekommen, wenn du nicht gleich hier verschwindest. Du hältst dich illegal auf Moledo auf.“

Romino hatte damit gerechnet. Ihm war von vornherein klar gewesen, dass er es nicht leicht haben würde, bis zu Xantra Aberan vorzudringen.

Aber nur darin bestand seine einzige Hoffnung. Wilerios niemals wieder sehen zu müssen.

Er seufzte tief auf und verpasste dem Wachmann einen Faustschlag ins Gesicht.

Der fiel um, wie ein gefällter Baum.

Romino nahm ihm die Waffe ab und warf sie in den gleich nebenan stehenden Kübel.

Dann durchschritt er die Sperre und ging geradewegs auf den nächsten Posten zu, der von dem Zwischenfall eben nichts mitbekommen hatte.

Das Spiel wiederholte sich fast genauso. Nur mit dem Unterschied, dass es Romino jetzt etwas leichter hatte, da man ja jetzt glauben musste, dass der erste Posten ihn hatte passieren lassen. Als er aber nach dem Passierschein gefragt wurde, landete Rominos Faust auch bei ihm im Gesicht.

Lautlos sackte auch der zweite Posten zusammen.

Er kramte ein Stück Papier aus dessen Tasche, faltete es und ging weiter in Richtung Ausgang.

Zwei Kontrollstellen hatte er noch zu überwinden.

Zu seinem Schrecken aber sah er, dass jede mit mindestens drei Angestellten besetzt war. Unmöglich konnte er jeden von ihnen unbemerkt niederschlagen.

Sein Unbehagen wegsteckend, ging er scheinbar völlig emotionslos an ihnen vorbei und hielt jeweils nur kurz die Passagierscheinattrappe hoch.

Es funktionierte. Keiner der Wächter nahm wirklich interessierte Notiz von ihm.

Einige Minuten später trat er ins Freie.

Romino atmete tief ein. Keine Zeit zu verlieren. Die Niedergeschlagenen konnten jeden Augenblick wieder zu sich kommen und den Alarm auslösen.

Dann sollte er bereits weit weg sein.

Er hielt einen Personentransporter an und ließ sich in die Hauptstadt bringen.

Diese Kästen, die eher einem Ei ähnelten, als einem Fahrzeug, waren nicht besonders schnell.

Sie waren, wie jedes Transportmittel mit einem Antigravitationsantrieb ausgerüstet. Das machte sie leise und umweltfreundlich.

Weder auf Jimbuna, noch auf Moledo gab es noch Verbrennungsmotoren, die mit ihren Abgasen die Luft verpesteten.

Diesen Abschnitt der Entwicklung hatten die Planeten bereits vor fast einhundert Jahren hinter sich gelassen.

Zwei Stunden würde die Fahrt dauern.

Romino empfand es als Vorteil, dass er schon mehrere Male hier gewesen war. Als Unterhändler von und mit Wilerios.

Der Fahrer begann nach einigen Minuten Fahrt, seine Besorgnis über die Dunkelheit auszudrücken.

Der wusste natürlich nicht, was die Ursache war.

Romino, der den schwarzen Nebel gesehen hatte, hütete sich, sein Wissen kundzutun.

Er schaute durch das Glasdach nach oben und sah die schwarze Sonne, die kaum noch erkennbar war.

Es war ein furchterregendes Bild, das sich ihm da bot.

Der Umriss Jimbunas der mehr als zwei Drittel der Sonne verdeckte zeichnete sich scharf ab. Die Sonne war nur noch als schmale Sichel sichtbar. Das allein verursachte schon genug Dunkelheit. Und jetzt auch noch dieser ominöse Nebel.

Er hoffte, dass wenn er sich nicht verzog, er zumindest nicht noch dichter wurde. Dann hatten beide Planeten kein Licht, keine Wärme mehr.

„Du bist Jimbuaner, nicht wahr?“, fragte der Fahrer unvermittelt.

Den Schreck, den die Frage in Romino auslöste, steckte er schnell weg, ohne ihn sich anmerken zu lassen.

Dass er eine fast weiße Hautfarbe hatte, im Gegensatz zu den Moledanern, war ihm natürlich bewusst. Er hoffte, dass der Fahrer die Frage nur so, ohne weiteren Hintergedanken gestellt hatte.

„Natürlich, wie du siehst.“, antwortete er deshalb möglichst emotionslos.

Schnell rechnete er seine Chancen aus, wenn ihn der Fahrer verraten sollte. Wenn der eine Suchmeldung bekam. Dass die Posten mittlerweile aus ihrem unfreiwilligen Schlaf aufgewacht waren, schien klar. Dass ein Alarm ausgelöst worden war, ebenso. Vertrauen konnte er hier niemandem. Dafür hatte Wilerios mit seinen sinnlosen Attacken und Anschlägen und Entführungsversuchen schon gesorgt. Kein Moledaner mochte die Jimbuaner wirklich. Kein Wunder.

Aber Moledo war ein sehr friedliebender Planet.

Jedem seiner Bewohner lag es fern, irgendeine nichtfriedliche Handlung zu vollziehen.

Romino hoffte, es wenigstens bis in die Hauptstadt zu schaffen, bevor man ihn richtig verfolgte. Dort könnte er untertauchen und sich zu seinem eigentlichen Ziel durchschlagen.

Und ebenso hoffte er, dass der Fahrer keine weiteren Fragen stellte. Im Moment wusste er nicht, welche Lüge über seine Ziele er vom Stapel lassen sollte.

„Ich frage mich, warum es so dunkel ist. Wir haben zwar Dunkelzeit, aber wir sind doch hier viel zu weit vom Jimbunaschatten entfernt. Ich verstehe das nicht. Das ist nicht normal.“

Romino konnte sehen, wie er nachdachte. Dann hellte sich seine Mine auf.

„Deshalb bist du hier, nicht wahr?“

Eine bessere Lösung für sein Anwesenheitserklärungsproblem konnte er Romino nicht in den Mund legen.

Jetzt kam ihm sehr zugute, was er während des Fluges gesehen hatte.

„Ja, deshalb bin ich hier. Wenn du mir versprichst, niemandem etwas davon zu sagen, werde ich dir den Grund für die Dunkelheit nennen.“

Der Fahrer nickte eifrig.

„Wir müssen die Sache geheim halten, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen, oder gar in Panik zu versetzen. Du verstehst? Es zieht ein unbekannter Nebel durchs All. Wir wissen noch nicht, woraus er besteht, wo er herkommt und welchen Gesetzen er gehorcht. Deshalb bin ich hier.

Jimbuna ist bereits vollständig im Dunkeln. Für Moledo wird es auch nicht mehr lange dauern.

Wenn wir es nicht schaffen, den Schwarzen Nebel zu vertreiben, ist es um unsere Planeten schlecht bestellt. Uns fehlt nicht nur das Licht. Uns fehlt auch die Wärme. Wir würden erfrieren. Erst die Pflanzen, unsere Nahrung, dann wir. Erst verhungern die ersten, dann erfrieren die letzten, die noch Vorräte hatten.

Aber jetzt ist erst einmal wichtig, dass du niemanden etwas von mir erzählst. Egal, wer dich fragt. Verstehst du? Ich meine, selbst die Kontrollbeamten dürfen nichts wissen.

Sie würde beginnen, Vorräte zu lagern. Und das fällt auf. Im nächsten Moment werden alle, die das mitbekommen, Fragen stellen.

Verstehst du?

Und von dir erwarte ich, dass du erst einmal abwartest und aufmerksam den Himmel und dann die Durchsagen beobachtest. Sobald etwas bekannt gegeben wird, kannst du dich immer noch bevorraten. Du hast dann genug Vorlauf. Ehe die anderen begriffen haben, worum es geht, hast du ausreichend Vorräte beisammen. Denn du hast den Vorteil, als einziger, dass du bereits jetzt darüber Bescheid weißt, was uns erwarten könnte.“

Der Fahrer versprach alles.

Er war stolz, einen Agenten in seinem Transporter zu fahren und an Insiderinformationen herangekommen zu sein. Er fühlte sich dadurch mächtig und den anderen überlegen.

„Wie wollt ihr denn diesen Nebel beseitigen?“, versuchte er sein Hintergrundwissen noch zu vertiefen.

Aber Romino hatte keine Lust mehr, weiter den Agenten zu mimen und vielleicht einen Fehler zu machen, der auf Ungereimtheiten stoßen und seine Tarnung auffliegen ließe.

„Schweig jetzt bitte! Ich muss nachdenken. Ich hab dir eigentlich schon viel zu viel erzählt. In deinem Interesse, behalte das alles für dich und handle besonnen.“

Der Fahrer nickte wieder und verstand vollends Rominos Situation.

 

 

8

 

 

„Wir sollten beginnen, uns hier einige Freunde zu machen. Wir haben nicht mehr viel Zeit, bis der Kotakt zustande kommt. Wir werden es allein nicht schaffen. Wir brauchen menschliche Verbündete.“ Chris fühlte, wie die Zeit verrann. Immer schneller.

„Hältst du es wirklich für richtig, Menschen einzuweihen? Du weißt, welche Geschichten sich darum ranken, sollte ein Außerirdischer in deren Hände gelangen.“

„Samerah, du brauchst keine Bedenken zu haben. Ich habe heute auf dem Nachhauseweg etwas ausprobiert.“

Chris stand auf und formte die Hände als würde er eine Kugel darin halten.

Zwei Sekunden später sah Samerah, das sich etwa einen Meter von ihm entfernt, die Luft veränderte. Sie wurde irgendwie undurchsichtig. Flimmerte. Dann nahm sie eine bläuliche Färbung an und sie konnte die Form einer Kugel erkennen. Etwa einen Meter im Durchmesser.

Chris öffnete die Hände und führte die Kugel gewissermaßen mit der linken Hand durch das Zimmer. Langsam schwebte sie auf Samerah zu.

Sie hatte keine Angst, obwohl sie das noch nie gesehen hatte.

Er war der Lichtträger. Er hatte die Macht, mit Licht zu tun, was ihm gefiel. Sie wusste, dass er niemals etwas tun würde, was ihr schaden könnte.

Kurz vor ihr veränderte die Kugel ihre Form und nahm Samerahs Form an.

Wenige Augenblicke später war sie vollständig umhüllt.

Samerah traute ihren Augen nicht.

Sie sah ihren Heimatplaneten. Die Berge und Täler. Die Pflanzen, Bäume.

Aber irgendetwas stimmte nicht.

Es war irgendwie dunkler als sie es gewohnt war. Sicher, es war Dunkelzeit, aber dennoch fiel immer ein gewisses Maß an Restlicht auf den Planeten. Jetzt aber herrschte ein mehr oder weniger diffuses Schattenspiel, das sie nicht zuordnen konnte.

Sie schaute nach oben, wo eigentlich ihrer Auffassung und Erfahrung nach, die Sonne als scharfe Sichel zu sehen sein müsste.

Aber sie sah keine Sonnensichel. Stattdessen konnte sie nur einen verwaschenen, undeutlichen Schimmer sehen.

Das war auf keinen Fall normal.

Chris, außerhalb des von ihm geformten Gebildes, spürte, dass sie den Atem anhielt und sich sehr unwohl fühlte.

Er formte erneut die Hände zu einer Kugel und hob die imaginäre Form mit einer schnellen Bewegung nach oben, in Richtung Zimmerdecke.

Die von ihm veränderte Luft verbreiterte sich auf die doppelte Größe.

Er nahm die Hände herunter. Ohne sein Zutun, bleib das Gebilde jetzt im Raum hängen.

Chris trat zu ihr.

Augenblicklich erkannte er den Grund für ihre Besorgnis.

Es dauerte einige Sekunden, bis er sich darüber im Klaren war, was er als nächstes tun müsse.

„Nimm meine Hand.“, sagte er leise.

Im Nu veränderte sich ihr Blickfeld. Während sie eben noch auf der Oberfläche Moledos gestanden hatten, erhoben sie sich jetzt in die Luft und die Landschaft wurde unter ihnen schnell kleiner. Immer schneller bewegten sie sich nach oben.

Mit einer wahnwitzigen Geschwindigkeit durchstießen sie die oberste Atmosphärenschicht und befanden sich plötzlich im All. Weiter ging der Flug, bis sie ihren Planeten als Ganzes unter sich sehen konnten. Und Jimbuna.

Der Blick zur Sonne ließ sie schaudern.

Eine schwarze, zäh wirkende Masse hatte sich vor die Sonne geschoben und nahm beiden Planeten das Licht.

Die Ränder des Nebels zerfaserten und formierten sich jeden Augenblick neu.

„Was ist das?“, fragte Samerah mit ängstlicher Stimme.

„Und überhaupt, wann ist das? Sind wir real hier? Nein, das geht nicht. Chris rede mit mir! Bitte!“

„Ich habe eine Möglichkeit gefunden, die es uns gestattet, auf Moledo und seine unmittelbare Umgebung zu sehen. Das, was du gerade siehst, findet wirklich genau zum jetzigen Zeitpunkt statt. Leider!“

„Und was sehe ich? Wie soll man das erklären, diesen Nebel?“

„Das weiß ich leider auch noch nicht. Ich möchte aber nicht riskieren zu nahe an den Schwarzen Nebel heranzukommen. Ich weiß noch nicht, woraus er besteht und so weiter. Eines aber weiß ich bestimmt. Wäre er etwas anderes als ein kosmisches Gebilde, würde ich das fühlen. Aber ich spüre nichts dergleichen. Du willst wissen, wie wir hier sind? Also, wir haben praktisch unser Bewusstsein auf die Reise geschickt. Unserer Seele einen Körper gegeben, der den physikalischen Gesetzen nicht gehorchen muss. Das ist eine Art Magie, Samerah.“

„ Wenn dem so ist, meinst du Xantra könnte uns sehen? Und wir könnten mit ihm sprechen?“

„ Das würde ich versuchen, als nächstes herauszufinden. Lass mich nicht los. Egal was geschieht!“

Die beiden begannen sich wieder Moledo zu nähern. Erst langsam, dann immer schneller wurde ihr Fall der Oberfläche entgegen.

Als die Geschwindigkeit ein schier unerträgliches Maß erreicht hatte, spürte er Samerahs Angst. Daraufhin drosselte er die Schnelligkeit ihrer Reise. Er begann, als sie kurz über dem Boden waren, die Richtung zu wechseln.

Es tat so unendlich gut, die geliebte, schmerzlich vermisste Heimat endlich wiederzusehen.

Beide atmeten tief die frische, würzige und saubere Luft ein. Trotz des spärlich einfallenden Lichts konnten sie die Landschaft erkennen, die von bergig über hochgebirglich, langsam flacher wurde.

Die Silhouette der Hauptstadt war am Horizont bereits sichtbar. Die hohen Türme der Geschäftshäuser wirkten tot und unbelebt. Grau und farblos.

Aber das lag am fehlenden natürlichen Licht. Je weiter südwärts sie flogen, umso dunkler wurde es. Umso tiefer bewegten sie sich in den Schatten Jimbunas hinein, der durch den Schwarzen Nebel nur noch mehr verstärkt wurde.

Endlich hatten sie die ersten Gebäude erreicht und sie sahen eine belebte Stadt, wie immer. Nichts schien sich verändert zu haben. Der leblose Eindruck aus der Ferne, war verschwunden.

Chris steuerte auf das höchste der Häuser zu.

Dort hatte Xantra Aberan sein Büro. Von dort aus verwaltete er den ganzen Planeten. Entschied über das Wohl Moledos und über die Art der Beziehungen zu Jimbuna.

 

 

9

 

 

„Es tut mir leid, Xantra, wir können nicht bestimmen, woraus dieser Nebel besteht. Es ist unmöglich. Die Größe schwankt zwischen Werten von mehreren tausend Kilometern. Die Dichte ist überhaupt nicht messbar. Als würde es das Ding gar nicht geben. Radiomessungen, Impulsverfahren, spektroskopische Analysen ergeben keinen Sinn. Wir bekommen Messergebnisse, die sich keinem bekannten Objekt auch nur annähernd zuordnen lassen.

Wir sind mit unserem Wissen am Ende. Es tut mir leid. Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes sagen.“

„Was schlagt ihr vor, was wir gegen den Schwarzen Nebel unternehmen könnten? Ich meine, wir könnten versuchen, ihn mit Materie zu beschießen. Mit hochbeschleunigter Materie.“

Xantra fühlte sich äußerst unwohl. Dieses Ding da oben vor der Sonne gefiel ihm überhaupt nicht.

„Daran haben wir auch schon gedacht. Aber wir fürchten, dass wir ihn sozusagen mit der Materie füttern könnten. Dann würde es sich noch vergrößern. Unsere einzige Idee war es, ein unbemanntes Schiff hinzuschicken, dass hineinfliegt und vor Ort Messungen vornimmt.“ Der Offizier war nervös und unsicher. Ihm ging es nicht besser als Xantra.

Die Fragen im Hinterkopf drängten nach einer Lösung.

Würde sich der Nebel auflösen?

Würde er weiterziehen?

Würde er vor der Sonne an diesem einen Punkt im ansonsten riesigen All kleben bleiben?

Würde er sich ausdehnen?

Würde er sich verkleinern?

Wie lange würden die Planeten ohne Sonneneinstrahlung überleben?

Die Zeit raste.

Es musste eine Entscheidung getroffen werden. Schnell!

„Schickt eine Sonde los! Sobald sie das Zielgebiet erreicht hat, erwarte ich eine Schaltung.“

„Geht klar, Xantra.“

Der Präsident lehnte sich zurück und seufzte tief auf.

Nicht genug damit, dass sie den Lichtträger für bestimmt noch längere Zeit verloren hatten und damit das Wachstum auf dem Planeten stagnierte, jetzt musste sich auch noch so eine unerklärliche nebulöse Wolke kosmischen Ausmaßes vor die Sonne schieben und dem Planeten das letzte Restlicht nehmen.

< Wenn doch nur Chris hier wäre. Er wüsste mit Sicherheit eine Lösung.>, dachte er.

„Mach dir keine Gedanken, Xantra. Ich arbeite daran. Hab noch ein wenig Geduld. Kontakt in wenigen Minuten.“

Ruckartig setzte er sich auf.

Litt er jetzt schon an Halluzinationen? Er hörte Stimmen! Er war dem Druck seines Amtes wohl nicht mehr gewachsen.

Es hatte wie die Stimme des Lichtträgers geklungen. Aber der war unendlich weit entfernt auf der Erde.

Andererseits, sollte er eine Möglichkeit gefunden haben, zurückzukommen?

Ohne die Zuhilfenahme von Raumschiffen, dem Jumpstream?

Denn wäre ein solcher aktiviert worden, würde er es wissen.

Chris musste sich in der Nähe befinden. Er war zwar fähig, seine telepathischen Kräfte einzusetzen, aber nicht auf die Entfernung Erde – Moledo.

Xantra schüttelte den Kopf.

Er war nicht verrückt!

Das war Chris! Der Lichtträger!

Er schöpfte neuen Mut.

Wenige Augenblicke später begann sich in seinem Zimmer die Luft auf seltsame Art zu verändern.

Sie schien sich sichtbar zu verdichten und nahm einen bläulichen Schimmer an.

Das Ganze dauerte etwa zehn Sekunden, bis sie die greifbare Form einer Kugel angenommen hatte.

Doch diese Form hielt sich nur kurze Zeit.

Dann veränderte diese sich zu den Umrissen zweier Körper, die nebeneinander zu stehen schienen.

Wieder einige Sekunden später formte sich das bisher vage Gebilde zu einer festen Erscheinung und kurz darauf konnte Xantra Chris und Samerah erkennen.

Als der Vorgang abgeschlossen war, traute er seinen Augen kaum.

„Wie ist das möglich?“, stotterte er verwirrt.

„ Das ist die Magie, Xantra. Du siehst, technisch ausgedrückt unsere Hologramme. Ich habe sozusagen unser Bewusstsein auf die Reise geschickt. Unseren Seelen einen Körper gegeben. Der Nachteil ist nur, dass wir nicht unbegrenzt Zeit haben. Unsere Körper befinden sich nach wie vor auf der Erde. Und sind von uns im Moment nicht kontrollierbar. Deshalb müssen wir uns ein wenig beeilen.“

„Unglaublich.“, entfuhr es Xantra.

Doch schnell hatte er sich wieder im Griff.

„Chris, Samerah! Wir brauchen euch hier. Wir müssen so schnell wie möglich den Rücktransport organisieren. Der Schwarze Nebel nimmt uns das letzte Licht. Und wir haben keine Ahnung, womit wir es hier zu tun haben. Als erstes haben wir jetzt erst einmal eine Sonde hineingeschickt. Aber ich bezweifele, dass die etwas erreichen, beziehungsweise messen kann.“

„Ich weiß, Xantra. Wir haben uns den Nebel bereits angesehen. Ich vermute, dass es sich um irgendeine besondere Verbindung von Materie und Antimaterie handelt. Deshalb dürft ihr ihn auf keinen Fall, womit auch immer, beschießen. Es könnte seine Dichte erhöhen und dadurch nur noch wachsen.

Mir kommt da gerade eine Idee.

Im fünften Segment der Raumebene befindet sich doch der Übergang zum Antravoxus- System. Und das ist ja meines Wissens unbewohnt. Ich möchte versuchen, eine Raumkrümmung durchzuführen und den Nebel durch die Anziehungskraft des Überganges quasi in das Akvibilar- System hineinsaugen zu lassen.

Dass das nicht ganz ungefährlich für unsere Planeten sein dürfte, weiß ich. Aber ich fürchte, das ist unsere einzige Chance. Was hältst du davon?“

Xantra hatte die Gefahren und Vorteile dieses Planes schon während Chris` Ausführungen abgewogen. Er hatte Angst. Natürlich.

Es bestand die Möglichkeit, dass das Vorhaben schief ging und beide Planeten durch die enorme Schwerkraft des Überganges, des Schwarzen Loches, aus ihrer Bahn geraten konnten. Das hätte eine galaktische Katastrophe zur Folge, in dessen Verlauf beide Planeten sterben würden.

Gegen Chris` Plan sprach, dass immer noch die Möglichkeit bestand, dass die Sonde herausfinden konnte, ob sich der Nebel wieder verziehen würde, auf seiner Bahn die Sonne nur gestreift hatte und die Bedrohung durch ihn nur kurz währen könnte.

Dafür sprach, dass eben diese Option nicht in Erfüllung ginge und er nicht wusste, woraus der Nebel nun wirklich bestand.

Er dachte daran, dass das Gebilde sich vielleicht sogar von den Sonnenteilchen nähren konnte. Die chemischen Prozesse in dem Stern beschleunigen könnte und so dessen Sterben früher einsetzen könnte. Immerhin war die Sonne des Zwillingsplanetensystems schon sehr alt. Und schon kam die nächste Frage auf. Sollte der Nebel eine Verbrennungsbeschleunigung herbeiführen, in welchem Ausmaß fände das statt.

Fragen über Fragen.

„Darüber habe ich auch schon nachgedacht.“, sagte Chris, der Xantras Gedanken gelesen hatte.

„Als wir in der Nähe des Nebels waren, habe ich keine beschleunigte Reaktion der Sonnenteilchen feststellen können. Das einzige, was ich habe erkennen können, war, dass der Nebel von der Sonne angezogen wird. Seltsam ist nur, dass er nicht in die Sonne hinein zu stürzen scheint, sondern dass sich eine Art Gleichgewicht gebildet hat, das eben das zu verhindern scheint. Du solltest von der Sonde die Gravitationslinien messen lassen, die an dem Nebel zerren.“

„Geht klar, gute Idee. So wie du sprichst, Chris, klingt das, als hättest du nicht mehr viel Zeit, hier zu bleiben.“, sagte Xantra vorsichtig.

„Stimmt. Wie gesagt, wir sind nur psychisch hier. Unsere Körper sind im Moment nicht kontrollierbar. Bevor mit uns irgendetwas geschieht, möchte ich, dass wir zurück sind.

Also, ich würde vorschlagen, du lässt von den Spezialisten jedwedes Für und Wider einer Raumkrümmung durchrechnen. Vorher jedoch macht bitte ein Schiff bereit, das uns von der Erde holt, wir müssen ja nun nicht mehr bis zum Kontaktfenster warten. Morgen Abend, Xantra, melde ich mich wieder bei dir, dann bestimmen wir den Ort und die Zeit, wann das Schiff ...“

Urplötzlich hatten sich die Hologramme von Chris und Samerah aufgelöst und eine unerträgliche Stille hinterlassen. Nicht die Stille im akustischen Sinne, sondern eine solche in Xantras Gehirn. Er war hoch erfreut über den Kontakt mit den beiden gewesen, jetzt war alles unvermittelt und unerwartet vorbei.

Das konnte so nicht vorgesehen gewesen sein.

„Chris, bist du noch hier?“

Keine Antwort.

 

 

10

 

 

Die von seinem Chef initiierte Gartenparty war feuchtfröhlich und lustig gewesen.

Jetzt waren sie wieder auf dem Heimweg und besprachen einige Vorkommnisse und Vorfälle. Nicht zuletzt den, als der Chef in den Pool stürzte.

Sie hatten viel gelacht.

Lisa hatte sich oft an Fred geschmiegt und die eine oder andere Anspielung auf ihre Schwangerschaft gemacht.

Zuhause angekommen, hatten sie natürlich nichts eiligeres zu tun, als ins Bett zu kommen.

Das Thema Kind war beileibe noch nicht beendet.

„Wir haben ja sogar noch ein Zimmer frei. Ich würde gern morgen einmal losfahren und sehen, was man so an Kinderzimmereinrichtungen kaufen kann.“, sagte Lisa.

„Hältst du das nicht für ein wenig früh? Ich meine, unser Kind ist ja noch nicht einmal gezeugt.“

„Nun, wer weiß das schon? Ich jedenfalls nicht. Und du, denke ich, auch nicht!“

„ Wir sollten uns vielleicht trotzdem erst einmal um die Entstehung des Babys kümmern. Meinst du nicht auch?“

So fröhlich wie Fred und Lisa, konnten nur wirklich liebende und unbeschwerte Menschen lachen.

Und die beiden lachten viel.

Es gab auch keinen Grund, das nicht zu tun.

Am nächsten Morgen, Fred war bereits im Institut, stand sie vor dem Spiegel im Bad und betrachtete ihren schlanken, makellosen Körper.

Sie machte ein Hohlkreuz und gab sich Mühe den Bauch herauszustrecken.

Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie mit einem Babybauch aussehen mochte.

Kurze Zeit später musste sie lachen, winkte ab und ging ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen.

 

 

11

 

 

Eisige Dunkelheit herrschte in den um sie herum. Es war so dunkel, dass sie die Hand vor Augen nicht sehen konnten.

„Wo sind wir? Was ist geschehen?“ Ängstlich klammerte sich Samerah an Chris` Oberarm.

„Das weiß ich noch nicht. Im Moment weiß ich überhaupt nichts. Ich kann weder etwas sehen, noch fühlen.“

Chris drehte sich nach allen Seiten. Doch es war überall dunkel und eisig kalt.

Er schloss die Augen und versuchte mittels seiner Willenskraft zurück zur Erde zu finden. Dass sie sich dort nicht befanden, schien klar.

Eine solche Eiseskälte gab es auf der Erde nicht.

Aber nichts geschah. Nichts veränderte sich.

Die Dunkelheit schien mit festen Klauen nach ihnen zu greifen, sie zu umklammern und sie mit eisernem Griff zermalmen zu wollen.

Er spürte, wie Samerah zitterte. Vor Angst. Und vor Kälte.

Er spürte, wie auch er zu frieren begann. Das Zittern nahm jede Sekunde zu.

Samerah fror.

Er wusste das erste Mal in seinem Leben keinen Ausweg.

Nicht, wohin er sich wenden sollte.

Nicht, wonach er suchen sollte.

Chris fror.

 

 

12

 

 

Romino hatte sich mittlerweile gute Chancen ausgerechnet, unbemerkt bis zu Xantra Aberan vorzustoßen.

Eigentlich hatte er immer das Gefühl gehabt, dass ihn Wilerios verkannte.

Er hatte Ausbildungen genossen, zum Soldaten, zum Agenten, in der Raumfahrtschule Moledos.

Wilerios war ein Meister der Blendung. Er hatte den Moledanern weisgemacht, dass wenn ein Schiff verunglücken sollte, es besser wäre, wenn eine gewisse Anzahl Jimbuaner ihre Schiffe fliegen konnten.

So war Romino in den Genuss des Pilotenscheines für alle Klassen gekommen.

Das alles hoffte er jetzt einsetzen zu können.

Das und die vielen Informationen, die er Xantra über Wilerios und dessen Tun geben wollte.

Romino hasste Wilerios.

Und er war bereit alles dafür zu tun, dass der seinen Posten räumen würde.

Fast unerkannt konnte er sich bis auf wenige Kilometer an Xantras Gebäude der Macht heranschleichen.

Da er schon der Hautfarbe wegen auffallen musste, hatte er sich Moledo- typische Kleidung besorgt und konnte somit sein Gesicht halbwegs verstecken. Zumal es, seit es Dunkelzeit war und nun auch noch der Nebel den Rest der Sonnen verdeckte, ziemlich kalt geworden war.

Keiner der durch die Hauptstadt patrouillierenden Posten hatte ihn angehalten oder auch nur irgendein Interesse an ihm gezeigt.

So war er jetzt schon eine Stunde unterwegs.

Er hatte sich von dem Fahrer an einem unbedeutenden Platz absetzen lassen und war von da an zu Fuß weitergegangen.

Er wollte kein Aufsehen erregen, wenn er direkt vor dem Gebäude ausstieg.

Bisher hatte Romino aus diesem Grunde die kleineren, nicht besonders belebten Straßen vorgezogen.

Dass die Verkehrsadern der Stadt kreisrund angelegt waren und es eigentlich nur eine einzige Hauptstraße gab, wusste er.

Jeder noch so kleine Weg führte auf die Hauptstraße zurück und damit letztendlich zum dem Hauptgebäude, in dem die Schalter der Macht bewegt wurden.

Es war nicht mehr weit.

Die kleinen Straßen gab es jetzt nicht mehr. Nur noch kurze Gassen, die direkt an den Wohnhäusern endeten. Wer sich von Block zu Block bewegen wollte, musste nun, kurz vor dem Zentrum, die große Straße benutzen.

Verstecken war ab hier unmöglich.

Romino war nun gezwungen, offen auf der Straße seinen Weg zu gehen. Seltsamerweise aber trat nicht ein, was er befürchtet hatte.

Die Zahl der Posten nahm nicht zu.

Er wurde nicht ständig aufgehalten, um seine Papiere vorzuzeigen.

Niemand schien nach seinem gewaltsamen Vordringen vom Shuttle- Landeplatz in Richtung Hauptstadt nach ihm zu fahnden.

Etwas später sah er eine Ansammlung Moledaner, die heftig gestikulierend mit einem Posten zu diskutieren schienen.

Einige Personentransporter standen am Straßenrand.

Unauffällig stellte er sich dicht neben den Posten.

„Was passiert, wenn er sich nicht wieder verzieht?“, hörte er. Und:

„Wir werden doch alle erfrieren und verhungern!“

Es konnte nur um den Nebel gehen. Um den schwarzen Nebel, der plötzlich, aus dem Nichts aufgetaucht, das Leben auf gleich zwei Planeten bedrohte.

„Leute, beruhigt euch! Ich bin mir sicher, Xantra Aberan hat bereits einen Plan. Er hat Spezialisten von Jimbuna angefordert und gemeinsam beraten die jetzt das weitere Vorgehen.“

„Woher willst denn du das wissen?“

„Ich hatte vorhin einen Fahrgast, einen Agenten von Jimbuna. Der hat es mir gesagt.“

Dieser Idiot. Warum mussten sich manche immer mit gewissen Dingen hervortun?

„Moment! Einen jimbuanischen Agenten? Wann war das? Wo hast du ihn abgesetzt?“, hörte er den Posten nachfragen.

Romino war zu hart ausgebildet worden, um zu erschrecken.

Er schlich sich unbemerkt von der aufgeregten Menge an dem Posten vorbei und drückte sich an den Hauswänden vorwärts in Richtung Hauptgebäude.

Die Antwort des Fahrers hörte er schon nicht mehr.

Wenig später zog er ein Dokument aus der Tasche und betrachtete es kurz.

Er schrieb seinen Namen in das dafür vorgesehene Feld.

Das passende Siegel holte er aus der anderen Tasche seines Overalls und drückte es sorgfältig auf das Papier.

Zufrieden lächelte er in sich hinein und freute sich über die Fahrlässigkeit des Postens.

Nur noch wenige hundert Meter bis zu Xantra Aberan.

 

 

13

 

 

Warum war denn jetzt die Verbindung abgerissen, warum waren die beiden so abrupt verschwunden?

Da die Hologramme von Chris selbst gesteuert waren, sollte es doch möglich sein, dass er die Verbindung solange aufrecht erhalten konnte, wie er es wünschte. Es sei denn, mit ihren Körpern ist etwas geschehen.

Oder der Nebel hatte seinen Anteil daran.

Langsam wuchsen Xantra die Probleme über den Kopf.

Er hoffte inständig, dass dem Lichtträger und Samerah nichts geschehen war.

Chris hatte mit seinen Ideen wieder einmal bewiesen, wie sehr er hier auf seinem Heimatplaneten gebraucht wurde.

 

Die Sonde war unterwegs. Es würde noch eine Stunde dauern, bis sie die ersten Daten würde liefern können.

Wieder seufzte der Präsident tief auf.

Er drückte den in seinem Schreibtisch angebrachten Knopf. Eine Sekunde später hatte er einen kleinen, scharfen Drink vor sich stehen. Der würde ihn beruhigen.

Nachdem er einen Schluck genommen hatte, verbarg er sein Gesicht in seinen großen Händen und dachte angestrengt nach.

< Was, wenn die Sonde keine brauchbaren Ergebnisse lieferte?

Was, wenn wir die Sonde verlieren?

Die Zeit wird knapp.

Die Planeten kühlen schneller aus, als angenommen.

Die Nutzpflanzen beginnen zu sterben.

Vorräte sind zwar vorhanden, aber nur in begrenztem Maße.

Moledo war doch nur auf eine Dunkelzeit vorbereitet. Eine, die dem natürlichen Zyklus entsprach.

Was, wenn die Sonde keine brauchbaren Ergebnisse lieferte und wir nicht herausbekommen, wie wir den Schwarzen Nebel vertreiben können?>

 

„Xantra Aberan!“

Er fuhr zutiefst erschrocken auf.

Vor ihm stand ein Jimbuaner in moledo`scher Kleidung.

Für einen kurzen Moment verlor er den Überblick. Dann fuhr seine Hand in Richtung des Tasters, der die Posten im Gebäude zu sich rufen sollte.

Aber der Fremde war schon bei ihm und hielt sein Handgelenk fest.

„Nicht! Warte! Höre mich erst an!“

„Du bist Pertros. Wilerios Bluthund. Wie bist du hier hergekommen? Was willst du?

Mein Tod bringt euch überhaupt nichts!“

„Hör auf! Ich bin nicht hier, um dir dein Leben zu nehmen. Wilerios weiß nicht, dass ich hier bei dir bin. Die Zeiten, in denen ich für ihn gearbeitet habe, sind vorbei.

Ich werde dir jetzt einige Dinge erzählen, dir dich sehr interessieren dürften.

Ich verlange nur eines von dir: Hör zu!“

„Warum sollte ich dir glauben? Ihr habt noch nie etwas anderes getan, als zu lügen, zu morden, zu intrigieren. Ich glaube nicht, dass es irgendeinen Grund gibt, der eure Meinung, eure Einstellung zu ändern in der Lage ist.“

„Xantra Aberan! Du bist ein weiser, guter Mann. Verspiele diesen Bonus nicht, indem du jetzt einen Fehler machst und mich hier auffliegen lässt.“

Der Präsident horchte auf.

Das war nicht der Romino Pertros, den er fürchtete. Der hatte plötzlich Angst, nicht mit ihm sprechen zu können.

Ein neuer Trick?

Um Informationen zu erpressen?

Seine Probleme waren derart gewaltig geworden, dass ihn die Machtspiele Wilerios` begannen, enorm aufzuregen.

Sein Planet und der von Wilerios waren im Begriff zu sterben und er wollte seinen ewigen Krieg weiterführen?

So dumm konnte selbst der selbsternannte jimbuanische Präsident nicht sein.

Es sei denn, er wollte wieder einmal an den Lichtträger herankommen, um ihn für seine Zwecke, für Jimbuna, einzusetzen.

Er schaute Romino in die Augen und fühlte, dass der es Ernst zu meinen schien, mit dem, was er sagte.

Er wollte ihm eine Chance geben.

Eine einzige.

„Setz dich. So, dass ich deine Hände sehen kann.“

Romino kam dem Befehl nur zu gerne nach.

Er war erstaunt, dass er sein Ziel so schnell erreicht hatte.

 

 

14

 

Chris und Samerah bekamen Angst.

Ein Gefühl, dass sie bisher nicht kannten.

Waren sie den Menschen noch so ähnlich, es gab Gefühle, die ihnen fremd waren. Dazu gehörte die Angst.

Moledo hatte keinem seiner Bewohner je den Anlass gegeben, vor irgendetwas Angst haben zu müssen.

Das hatte sich jetzt geändert.

Chris versuchte unaufhörlich, ihren Standort herauszufinden.

Doch so sehr er sich auch bemühte, die undurchdringliche Dunkelheit schien endlos.

Er hatte das Gefühl, nicht mehr entkommen zu können.

„Chris, tu etwas! Bitte! Es muss doch möglich sein, hier rauszukommen.“, flehte Samerah.

„Ich bin dabei. Ich kann aber im Moment nichts tun. Es tut mir leid.“

„Ich weiß.“, flüsterte sie.

„Ich weiß.“

Es schien, als wäre er nicht mehr Herr seiner Willenskraft. Was er auch versuchte, nichts schien zu funktionieren. Er war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Wie eingebettet waren sie. In einen engen Raum ohne den geringsten Platz, sich zu rühren.

Was sollte er nur tun?

Aufgeben und warten, ob etwas geschieht?

Unmöglich!

Er versuchte nüchtern und sachlich die Situation zu analysieren.

Was war geschehen?

Sie waren bei Xantra gewesen.

Haben mit ihm gesprochen.

Bis beide, Chris und Samerah plötzlich und ohne jede Vorwarnung in ein tiefes dunkles Loch zu fallen schienen.

Geräuschlos, lichtlos, kalt. Undefinierbar.

Sollte die Möglichkeit bestehen, dass ihren Körpern etwas geschehen war, während ihrer seelischen Abwesenheit?

Waren sie jetzt gefangen in einer körperlosen Sphäre?

Ohne die geringste Chance auf einen Ausweg?

Oder waren sie in den Schwarzen Nebel geraten?

Hatte sich dessen „ Wesen“ verändert, währenddessen sie über ihn sprachen?

Chris beschloss mit letzterem zu beginnen.

Er schloss die Augen und stellte sich das Bild des Nebels vor, dass sie gesehen hatten.

Vor seinem inneren Auge ließ er das Szenario ablaufen, das dazu geführt haben könnte, dass sie jetzt hier waren.

Er gab ihren beiden Seelen gedanklich Körper und ließ sie im Raum stehen.

Eine Lösung suchend während der Unterhaltung mit Xantra.

Er sah das hell erleuchtete Büro des Präsidenten.

Dann wurde es immer dunkler und sie begannen zu stürzen.

Und sie stürzten auf die Sonne zu.

Und damit in den Nebel.

Jäh endete der Fall.

Wie in eine zähe Masse hineingefallen, konnten sie sich von einem Moment zum anderen nicht mehr bewegen.

Hatte er den realen Ablauf der Dinge gesehen, oder nur ein Abbild seiner Vorstellung?

Chris konzentrierte sich auf die Sonne. Auf den Nebel.

Einige Sekunden lang.

Er spürte, wie seine Kräfte erlahmten.

Gleichzeitig spürte er den Druck, der ihn beherrschte, nachgeben.

Seine Konzentration ließ nach und sofort erstarkte die eisige Klammer wieder.

„Hast du das eben auch gespürt?“, fragte Samerah leise.

„Halt dich ganz fest. Egal was geschieht. Lass nicht los.“, entgegnete er nur.

Wieder fokussierte er seinen Willen auf den Nebel und die Sonne.

Diesmal ging es schneller. Sie konnten befreit aufatmen.

Wenige Augenblicke später nahm die Grausamkeit der Dunkelheit ab und es wurde wärmer.

All seine Kräfte zusammennehmend sprengte er gedanklich die Ketten, die sie gefangen hielten.

Der Nebel riss auf und sie konnten die Sonne sehen.

Aber sie schienen sich von ihr zu entfernen.

Chris drehte sich um und schaute zurück.

Er sah immer noch den Nebel. Wie er an den Rändern zerfaserte und Sekundenweise den Blick auf die Zwillingsplaneten freigab.

„Wir müssen weg hier. Schnell!“, rief er Samerah zu.

„Hilf mir!“ Gedanklich zeigte er ihr, was sie zu tun hatte.

Der Nebel schien sie mit seinen Ausläufern festhalten zu wollen.

Lange Arme mit unbarmherzigen Klauen griffen unnachgiebig nach ihnen.

Wollten sie nicht entfliehen lassen.

Dank der Kraft ihrer beider Vorstellungskraft schafften sie es dennoch.

Sie waren frei!

Augenblicklich fanden sie sich im Zimmer in ihrer Wohnung auf der Erde wieder.

Erlöst.

Glücklich.

Befreit.

Und trotzdem mit einem äußerst unguten Gefühl im Hinterkopf.

Wie es weitergeht, oder auch, wie es anfängt, erfahrt Ihr hier...

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